Seit wenigen Tagen sind wir zurück aus der kanadischen Wildnis, und wie versprochen melden wir uns mit Fotos und Geschichten von unserer diesjährigen Reise durch die Nördlichen Rocky Mountains in Kanadas British Columbia. So, wo fängt man nur an, mit dem Erzählen? Vielleicht mit jenen Erlebnissen, die besonders in Erinnerung bleiben? Wie der Büffel, der eines Morgens weniger als fünf Meter entfernt neben unserem Zelt stand und sich stundenlang weigerte wieder zu gehen. Günter schlich unter Einsatz seines Lebens zum Zelt, um die noch ahnungslos schlummernde Leni zu evakuieren.
Oder fängt man die Erzählung mit dem größten Abenteuer an? Mit den Flüssen beispielsweise, von denen ich nie zu träumen gewagt hätte, dass wir sie einmal mit unseren Pferden durchqueren würde. Von denen auch die Pferde nie geträumt hätten, dass sie sie einmal durchschwimmen müssten. Als wir dann am Ufer standen gab’s kein Zögern. Wer nach Norden will, muss hinüber. Mangels ausreichenden Kartenmaterials waren wir auf Hinweise der Einheimischen angewiesen. Auch wenn diese wie folgt lauteten: „Ihr müsst den Fluss dort überqueren, wo der alte Trapper immer durch ist. So lang, bis er eines Tages ertrunken ist“. Aber sollte ich nicht lieber mit den schönsten Momenten der Reise beginnen und von der Grizzlybär Mama und ihren beiden Jungen erzählen, die tollpatschig, aber so herzig, über die Felswände oberhalb unseres Lagerplatzes kletterten. Oder von dem Stachelschwein, das ausgerechnet an meinem Geburtstag als Gast in unser Lager kam, wie ein Schlafwandler auf einen Baum kletterte, es sich gemütlich machte, und geduldig wie nur ein Stachelschwein es sein kann, meiner Attacke mit der Kamera stand hielt. Die Helden der Geschichte sind natürlich die Pferde: Dino, Azabache, Lightfoot und Rusty. Das fünfte Jahr mit uns unterwegs, sind sie mittlerweile zu Wildnisexperten geworden. Sie haben uns sicher durch Flüsse getragen, die wir aufgrund der Wassertemperatur und der starken Strömung niemals hätten durchschwimmen können. Sie haben ihren Weg durch Treibsand, Sumpf und Morast gefunden, sind über Hindernisse und durch dichtes Gestrüpp geklettert und haben sich durch (fast) nichts aus der Ruhe bringen lassen. Mit dabei war natürlich auch Leni. Sie würde es mit jedem Grizzlybären aufnehmen und wir hatten jede Menge zu tun, sie vor ihrer eigenen Courage zu schützen. Wie immer, ist sie die gesamte Strecke gelaufen, nur durch die eiskalten Flüsse wollte sie nicht schwimmen. Da es so viele davon gab, hat sie in diesem Jahr gelernt, selbständig aufs Pferd zu springen. Das Gebiet der Nördlichen Rocky Mountains ist etwa so groß wie die Schweiz, jedoch ohne Strassen, Dörfer und Menschen. Man steht oben am Berg und egal wohin man schaut, erhebt sich eine Bergkette nach der anderen bis zum Horizont. Es ist ein wildes Land, seit tausenden von Jahren unverändert. Dieses letzte Rückzugsgebiet für große Raubtiere wie Grizzlybären und Wölfe wird auch die Serengeti des Nordens genannt. Und diese Serengeti des Nordens haben wir durchquert und dabei monatelang keinen Menschen gesehen. Wie’s war? – Einfach herrlich!