Seit Anfang Januar ist Günter wieder mit seinem Segelboot unterwegs, gemeinsam mit seinem Freund Oliver Schwan. Hin- und wieder telefonieren wir. Dann höre ich: „Bei uns ist alles in Ordnung. Es geht und gut.“ Und das war’s dann auch schon. Was für ein guter Erzähler auf der Bühne, und so wortkarg am Telefon! Wenn ich also wirklich wissen will, wie’s ihm geht, muss ich mir wohl selbst ein Bild machen. Außerdem fehlte er mit nach zwei Monaten schon sehr.
Vor zwei Wochen flog ich daher nach Belize, dem kleinen tropischen Land an der Karibikküste zwischen Mexiko und Guatemala. Die Rebelde & Gaucho lag in San Pedro vor Anker. Starker Ostwind fegte über die Insel Cayo Ambergris und peitschte das Meer auf. Wir ruderten das Dingi gegen Wind und Wellen hinaus zum Schiff, denn für einen Außenbordmotor für's Dingi gibt’s auf dem kleinen Segelboot keinen Platz. Patschnass und durchgefroren kam ich auf der Rebelde & Gaucho an. So hatte ich mir meinen Karibikurlaub nicht vorgestellt! Wieder trockengelegt begann ich sofort damit, die beiden Seefahrer auszufragen. Es war tatsächlich so: Es war alles in Ordnung. Es ging ihnen gut. Zumindest jetzt gerade, nachdem sie mühsam den letzten Ölflecken vom Körper geschrubbt hatten. Ein Teil des Motors hatte getauscht werden müssen. Am Tag zuvor hatten sie das Ersatzteil aufgetrieben. Jetzt lief der Motor wieder einwandfrei. Warum das Teil kaputt ging? Ach, das war so ein Plasktikteil im Auspuff, das war geschmolzen, nachdem der Motor überhitzte, weil kein Kühlwasser mehr durchfloss. Und das ist passiert, weil das Schiff halt fast gekentert wäre. Die See war recht rau, die Durchfahrt im Riff sehr eng und eine Welle hat von hinten das Boot flach auf die Seite gedrückt. Auf das Kühlwasser hatte Günter dann nicht mehr geachtet, denn seine Gedanken waren woanders, irgendwo zwischen Fassungslosigkeit und unglaublicher Dankbarkeit. Denn er war bei der Aktion über Bord gespült worden. Es passierte alles so schnell, dass er gar nicht begriff was geschah. Ausnahmsweise war er in die Safety-Line eingehakt, blieb so am Boot hängen und konnte wieder hineinklettern. Aber es war ja nichts passiert und jetzt ging es ihnen ja wieder gut. Die ganze Sache sei also nicht weiter der Rede wert, ja eigentlich wollten sie mir das alles gar nicht erzählen… Ich weiß schon, warum ich persönlich vor Ort auftauchen muss, wenn ich die echten Stories hören will. (Aber vielleicht will ich das alles doch gar nicht so genau wissen?)